Institut für Aus-, Fort- und Weiterbildung

in der Evangelischen Kirche von Westfalen

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Pfarr- und Selbstbild

Auseinandersetzung mit dem eigenen Berufsbild

Einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Gesundheit im Pfarramt leistet die Auseinandersetzung mit dem eigenen Berufsbild, der eigenen Rolle und den Erwartungen in der Institution/Organisation Kirche.

Grundsätzlich muss man sagen, dass es in der heutigen Zeit als Orientierungsmodell kein homogenes und durchgängiges Pfarrbild mehr gibt, das eindeutig und für die einzelnen Pfarrpersonen identitätsstiftend Rolle, Aufgabe und Inhalt der pfarramtlichen Tätigkeit beschreibt. Eher kann von einer Vielzahl der Pfarrbilder oder Perspektiven auf das Pfarramt (vgl. Pfarrbildpapier der EkiR) gesprochen werden, die je nach Pfarrstelle, Entwicklungssituation der Person und der Kirche neu eingenommen werden müssen.

So ist die gegenwärtige Diskussion um das Pfarrbild davon geprägt, dass eine Reihe von unterschiedlichen Ansätzen und Entwürfen angeboten werden. Sie reagieren zum Teil auf ein gewandeltes Verständnis von den Rollen und Aufgaben von Pfarrerinnen und Pfarrern in der Organisation Kirche (Dieter Becker), zum Teil werden Anleihen aus klassischen Berufs- und Professionsmodellen (Isolde Karle) genommen, zum Teil wird der Versuch gemacht, eine theologische Neubestimmung oder Klärung dessen darzulegen, was denn das Pfarramt sei und welche Funktion es für die Kirche habe (Jürgen Klessmann, Manfred Josuttis, Christian Grethlein, Herbert Pachmann, Ulrike Wagner-Rau).

Der in früheren Zeiten überwiegend geltende Zuspruch, dass "das Amt die Person trage" ist der Anforderung gewichen, dass "die Person das Amt tragen" muss. Das bedeutet, dass Menschen, die den Pfarrberuf ausüben, vor der Herausforderung stehen, eine eigene Begründung dafür zu finden, wofür sie denn "eigentlich da sind" und was der Sinn ihres Tuns (und oft auch Lassens!) ist.

Die Schattenseite dieser individuellen Gestaltungsmöglichkeiten des Pfarrberufs liegt darin, dass Pfarrer und Pfarrerinnen in den Belastungen und Krisen des Berufs auf sich gestellt sind. Vor allem im Zusammentreffen der eigenen prägenden Berufsbilder und bevorzugten Berufsrollen mit den Erwartungen des jeweiligen pastoralen Arbeitsplatzes ergeben sich häufig Differenzen, die auf beiden Seiten nicht selten zu Enttäuschungen, Missverständnissen und Überlastungsgefühlen führen.

Die Erinnerung an die der konkreten Ausgestaltung des eigenen beruflichen Alltags vorauslaufende Ordination zum Dienst an Wort und Sakrament stellt in diesem Zusammenhang  eine wichtige Schlüsselfunktion für das Selbstver-ständnis und die Identität von Pfarrerinnen und Pfarrer dar. Dies wird in grundlegender Weise im Pfarrbildpapier der EkvW beschrieben, in dem sich zudem hilfreiche Anmerkungen für die Gestaltung und Qualitätssicherung pfarramtlicher Tätigkeit finden. 

Zwar wird es kaum möglich sein, durch die Neudefinition eines allgemeinen Pfarrberufsbildes eine tragfähige Stütze von außen zu etablieren, aber die Begegnung von eigenen Wertvorstellungen, beruflichen Motiven und Zielen mit anderen theologischen Entwürfen oder in der Diskussion mit Kolleginnen und Kollegen  kann dabei helfen, eine stabilere Basis für die eigene berufliche Identität zu finden, die als eigenes Amtsverständnis durch den Berufsalltag trägt. Das bedeutet, dass die Person das Amt zwar sehr wohl jeden Tag neu füllen und ausgestalten, aber nicht tragen muss, weil ein eigenes Amtsverständnis Grundlage für den Dienst als ganzem ist.

Zur eigenen Weiterarbeit an diesem Thema sei auf ausgewählte Literatur und Aufsätze an dieser Stelle hingewiesen.

Pfarrer Michael Westerhoff, Leiter des Fachbereichs Personalberatung und Personalentwicklung im Institut für Aus-, Fort- und Weiterbildung